Netzwerk Borreliose, FSME und
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Borreliose – die verkannte Volkskrankheit

Definition:

Der Name der Krankheit (Borreliose) wurde zu Ehren des französischen Mikrobiologen André Borrel gewählt. Die Artnamen Borrelia burgdorferi, B. garinii, B. afzelii und B. spielmanii gehen zurück auf Willy Burgdorfere (den schweizer Entdecker der Erregere in der Zecke im Jahre 1983) auf A. Afzelius (den dänischen Hautarzt, der 1909 das Leitsymptom der Borreliose, die Wanderröte, zuerst beschrieb, C.Garin (einen französichen Mikrobilogen) sowie Andy Spielmann (einen jüngst verstorbenen Parasitologen der Harvard University). Die Lyme-Disease bzw. Zeckenborreliose erhielten den Namen nach dem kleinen Ort Lyme in Connecticut (USA), wo das Bakterium 1975 sowohl in Patienten als auch 1979 das erste Krankheitsbild (Wanderröte) auf Zeckenstiche zurückgeführt wurde. Dieser kleine Ort liegt nur etwa einer Luftlinie 9-10 Meilen von der Insel (Plum Island) entfernt, auf der vom US-Militär seit 1946 mit europäischen Borrelien als „Kriegswaffe“ experimentiert wurde. Dies führte zu Gerüchten und zur Legendenbildung, dass Borrelien mit infizierten Zecken über Vögel nach Connecticut und von dort in weite Gebiete der USA gelangt sein könnten, was dadurch unterstützt wird, dass in den USA im wesentlichen Borrelia burgdorferi auftritt und nicht die weiteren europäischen Borrelia-Arten.

Krankheitssymptome:

Die Lyme-bzw. Zecken-Borreliose ist wegen ihrer unspezifischen aber faktisch lebenslang anhaltenden Symptome eine der am meisten verkannten Erkrankungen des Menschen. Wie das bei solchen Fällen häufig ist, bilden sich bei den Patienten und vor allem bei den in der Theraphie tätigen Berufsgruppen Lager, die eher zu weltanschaulichen Grabenkämpfen neigen, denn so sorgfältiger tiefgreifender Analyse oder sogar zur Entwicklung von standardisierten optimalen Diagnose- und Therapieverfahren.So mutet das Ganze vielfach als ein Streit aus purer Rechthaberei an. Fakt ist jedoch, dass die Borreliose mit Blick auf die jährlich gemeldeten Zahlen (wenn auch nur in 6 Bundesländern Deuschlands) von Neuinfektionen und die sich daraus ergebenden Folgeschäden fast von einer Volkskrankheit gesprochen werden kann. Eine möglichst frühe Diagnose würde bei rechtzeitiger kurativer Behandlung viel Geld den Krankenkassen und zudem viel Leid den Patienten ersparen.

Das volle Krankheitsbild der Zecken-Borreliose entwickelt sich über 3 Phasen:(nach verschiedenen Autoren kompiliert)

Phasen

betreffendes Organ

Symptom

Phase 1

Kopf

Kopfschmerz, Fieber

Haut

Wanderröte

Muskel

Muskelschmerzen

Lymphknoten

Schwellungen

Phase 2

Kopf-Rückenmark

Hirnhaut-Rückenmarskentzündung

Gesicht

Facialis-Lähmung

Augen

Entzündung verschiedener Bereiche

Herzmuskel

Entzündung

Muskel

Schwäche/Schmerzen

Gelenke

Arthritis, Schmerzen

Phase 3

Haut

Schwund des Fettgewebes, Acrodermatitis

Nerven

Störung des vegetativen Systems, Gehbeschwerden

Kopf

Gehirnentzündung, psychische Symptome, mentale Defekte

Gelenke

Chronische Arthritis

Gliedmaßen

Lähmungen

Die 1.Phase umfasst die Symptome der sog. lokalisierten Infketion. Während dieser meist etwa 1-8 Wochen dauernden Phase zeigt sich von der Stichstelle ausgehend (leider aber nur in 50-70% aller Fälle) das Leitsymptom  „Wanderröte“ (Erythema migrans), wobei die Rotfärbund der Haut insgesamt oder als ringförmige Struktur (mit zentrale Ausbleichung) wandern kann. Der Durchmesser dieser Rötung kann leicht 15 cm erreichen und später ringförmig ausbleichen. Als Allgemeinsymptome zeigen sich Lymphknotenschwellungen, Fieber, Müdigkeit, Übelkeit. Zu ihnen können Meningismus des Nervensystems (= ein Komplex aus Kopfschmerzen und Nackensteife) sowie Milz- und/oder Leberschwellungen kommen. 

Die 2.Phase wird als dissemninierte (= ausgebreitete) Infektion betrachtet. Sie tritt nach Wochen ein und kann für lange Zeit anhalten. Auf der Haut erscheinen hier entzündliche Reaktionen sowie Lymphknotenschwellungen. Als Allgemeinsymptom erweist sich ein schweres Krankheitsgefühl, wozu ausgehend vom Nervensystem sich Symptome der Meningitis (Hirnhautentzündung), Neuritis ( = Nervenentzündung, Nervenwurzelentzündung) und Nervenlähmung (insbesondere im Gesicht), Wahrnehmungsprobleme und in den Organen Herzentzündung, Leberentzündung, Augenprobleme, Leber- und Nierenprobleme, Bewegungsprobleme durch Arthritis oder Osteomyelitis (Knochenmarksentzündungen) gesellen können. 

Die 3.Phase und damit das Spätstadium, das durch eine dauerhafte Infektion des Betroffenen charakterisiert ist, zeigt sich im Hautbereich in 1-3% der Fälle eine sog. Acrodermatitis chronica atrophicans (= Auflösung von Hautbereichen im Bereich eines Beins). Durch Beeinträchtigung/Befall des Zentralnervensystems kommt es zu Lähmungen, Sprachstörungen, Erinnerungslücken, ataktischem Gang, Psychosen. Die Bewegungsfähigkeit wird massiv durch chronische, irreversible Gelenksentzündungen gestört, so dass häufig der Rollstuhl die logische Folge ist. Gleichzeitig erfolgt eine Beeinträchtigung des gesamten Körpergefühls mit dem Auftreten einer dauerhaften massiven Abgeschlagenheit.

Die beiden ersten Phasen können spontan ausheilen (1.Phase in etwa 90%, 2.Phase in etwa 80-90% der hiervon betroffenen Personen). Auch können einzelne Phasen unterbleiben, so dass die Krankheitsbilder je nach Immunlage, dem Alter der Personen sowie dem Auftreten verschiedener Krankheitserreger stark variieren können, was die diagnostischen Probleme nur noch verstärkt. So findet sich die Neuroborreliose nur bei 10-12% der Betroffenen, die Arthritis bei 8-10% in Europa, aber bei bis zu 30% bei Amerikanern.

Als Differenzialdiagnosen sind rheumatische Symptome, Lymphknotenerkrankungen und zahlreiche Erkrankungen des Nervensystems zu bedenken, so dass die Diagnose auf Basis des Erregernachweises und/oder klarer Antikörperdiagnosen bzw. PCR-Nachweisen der DNA erfolgen muss. Nur so können die Symptome der Borreliose von anderen Erkrankungen wie Polyarthritis, Multiple Sklerose, Sarkoidose, Fibromyalgien, Depressionen verschiedener Provenienz, Migräne, Halswirbelsyndrom (HWS), Hirnhautentzündungen, Augenentzündungen unterschiedlicher Art, Bandscheibenvorfall, Schlaganfall, diverse Herzkrankheiten etc. unterschieden werden, um dann eine spezifische, zur jeweiligen Infektionsphase passende Therapie einzuleiten.

Auftreten:

Die besonders häufigen und zudem human pathogenen Arten vom B. burgdorferi sensu strictu-Komplex finden sich in den USA und Europa, dazu weitere in Europa. In Europa erwiesen sich in manchen Gebieten bis zu 40% der gefangenen Ixodes ricinus als Träger von Borrelien, in den USA waren die dort nachgewiesenen Überträger-Zecken ebenfalls in hohem Maße infiziert. Allerdings bedeutet dies nicht, dass es dann bei jedem Stich zu einer patenten = erfolgreichen Infektion des Menschen kommt. Als Reservoir für die Borrelien dienen eine Vielzahl von Wirbeltieren (Vögel, Nager, Hunde, Katzen, Pferde, Wildtiere etc.), ohne dass diese unbedingt Symptome zeigen müssen. Mäuse z.B. erkranken faktisch nicht. Die Zecken selbst können aber ebenfalls als Reservoir dienen, denn die Borrelia-Bakterien werden möglicherweise auf die Eier in den Zecken und somit auf die daraus schlüpfenden Larven übertragen. Da Vögel selbst Borreliose-Träger sein können und zudem an ihnen potentiell infizierte Zecken während des Fluges tagelang saugen, sind Vögel als „long-distance-Ausbreiter“ und Mäuse mit ihren nur kurzen Wanderungen als „Nahausbreiter“ tätig. Dieser epidemiologische Sachverhalt macht aber klar, warum ein klimabedingtes Mehr an Zecken zu einer starken Ausbreitung von zeckenübertragenen Erregern führen muss.

Überträger:

Vektoren der Borreliose-Bakterien sind in Deutschland insbesondere insbesondere Ixodes ricinus,    I. hexagonus. Die Infektionsrate bei Zeckenlarven ist mit max. 5% deutlich niedriger als bei Nymphen und Adulten. Die Borrelien treten bei den Weibchen möglicherweise auf die Eier über, so dass bereits die nächste Generation von Zecken infiziert ist.

Übertragungsmodus:

Ausschließlich beim Stich von Zecken erfolgt beginnend nach etwa 8-14 Stunden eine sichere Übertragung der Stadien durch die Injektion von Speichel. Vielfach wird diskutiert, ob nicht auch eine mechanische Übertragung durch Bremsen bzw. Stechfliegen möglich ist, da häufig Blutstropfen an deren Mundwerkzeugen hängen bleiben. Die Übertragung von Stechmücken scheint ausgeschlossen.

Meldepflicht:

Ja, aber nur in den sechs östlichen Bundesländern  (Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern), nicht in den anderen Bundesländern.

Diagnoseverfahren:

Die Diagnose der Borreliose in ihren verschiedenen Phasen ist schwierig und bleibt oft nicht zweifelsfrei, was dann wegen der großen Anzahl von unspezifischen Krankheitssymptomen zu Diskussionen bei der Bewertung führen kann.

Die Anzucht der Bakterien nach Isolation aus Hautbereichen in Nähe der Stichstelle bzw. aus Bereichen der wandernden Röte ist schwierig, weil sich die Bakterien nur etwa alle 24 Stunden teilen und es daher lange (3-4Wochen) dauert, bis genügend Bakterien in der Dunkelfeldbetrachtung sichtbar werden. Die Bewertung von serologischen Befunden ist ebenso sehr schwierig. Im Allgemeinen erfolgt etwa 3 Wochen nach der Infektion eine IgM-Antwort, während IgG-Antikörper erst nach 6 Wochen anzutreffen sind. In der zweiten Phase der Erkrankung sind meist auch IgG-Antikörper vorhanden, wobei die Titerhöhe in der 3. Phase noch zunimmt, während dann faktisch kaum noch IgM-Antikörper nachzuweisen sind. Das Problem ist, dass hohe Antikörpertiter lange bestehen bleiben können, ohne dass noch aktive Borrelien vorhanden sind. Hier hilft der direkte Nachweis von Borrelien-DNA durch die Polymerasekettenreaktion (PCR), in der ja die DNA aktiver Bakterien vermehrt wird. Daher ist die Sensitivität von Spätmanifestationen relativ niedrig, so dass selbst Liquoruntersuchungen oft keinen eindeutigen Beweis mehr liefern können. Allerdings ist die Haltung mancher Neurologen mit dem Kernsatz „kein PCR-Nachweis im Liquor – keine Borreliose“ bei weitem nicht immer richtig. Als Mittel der Wal, bei der Basisdiagnostik auf vorhandene Antikörper gilt der sog. Immunoblot, dere nach Vorschrift der Kassenärtzlichen Vereinigung allerdings erst nach dem Enzymimmuno-Assay eingesetzt werden soll. Letzterer gilt allerdings zu etwa 15-20% weniger sensitiv als der Western Immunoblot, so dass solche Patienten fälschlicherweise leicht als Borrelien-negativ eingestuft werden können und dann Gefahr laufen, chronische Borreliosekranke zu werden. Falls bei bestehenden Krankheitssymptomen kein positives Eregebnis mit Hilfe der Borrelien-Kultur bzw. dem PCR-Verfahren zu erzielen ist, kann der sog. Lymphozyten-Transformationstest (LTT) herangezogen werden. Hierbei werden aus dem Blut des Patienten Immunzellen (Lympho- und Monozyten) isoliert und gemeinsam mit bestimmten Borrelienproteinen für etw 6-7 Tage kultiviert. Waren in dem Blut borreleinspezifische Lymphozyten vorhanden, so werden sich diese vermehren und die DNA-Syntheseraten können gemessen werden. Dieses Verfahren ist insbesondere dann einzusetzten, wenn bie Patienten nur geringgradige Antikörper erscheinen, aber starke klinische Symptome auf eine Infektion hinweisen. Dieser Test ist auch eine Verlaufskontrolle nach Abschluss einer Therapie geeignet. Zum Nachweis einer chronischen Borreliose eignet sich auch der Test auf die Menge von CD57-Zellen (= natürliche Killerzellen), die bei Vorliegen einer chronischen Borreliose in verminderter Zahl auftreten.

Therapie:

Während der beiden ersten Phasen der Borreliose hat sich Doxycylin in einer Dosis von 200 mg/Tag für mindestens 14 Tage (Pase 1) bzw. mindestens 21 Tage (Phase 2) bewährt (ggf. auch Amoxicillin). Letzteres wird bei Kindern unter 8 Jahren (50 gm/kg Körpergewicht/Tag) für 14-30 Tag gegeben. Bei Penicillinallergie oder Tetrazyklin-Unverträglichkeit kann auch auf Azithromyzin oder Roxithromycin ausgewichen werden. Die Phasen 2 und 3 der Borreliose sollen vorzugsweise mit Cephalsoporinen der 3. Generation (Ceftriaxon 1 x 2 g/Tag oder Cefotaxim 3 x 2 g/Tag für 14-21 Tage) behandelt werden. Doxycyclin (200 mg/Tag für 28 Tage) kann alternativ eingesetzt werden. Generell sind aber stets die Warnhinweise auf den Beipackzetteln zur Verträglichkeit und zu Nebenwirkungen (in besonderen Fällen) strikt zu beachten. Schwangere können mit Amoxicillin bzw. Ceftriaxon behandelt werden. Achtung: Medikation ausschließlich durch Humanmediziner und unter deren Kontrolle durchführen lassen! 

Vorbeugung:

Die beste Vorbeugung ist die Vermeidung des Zeckenstichs durch Einsatz wirksamer und gut verträglicher Repellentien (z.B. Viticks-cool plus www. alphabiocare.de). Daneben sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausbreitung von Zecken in eigenen Gärten möglichst zu unterbinden. Bei bereits angesogenen Zecken sind diese schnellstmöglich zu entfernen, weil die Borrelienübertragung meist erst 8-14 Stunden nach dem Ansaugen beginnt.

 

(Quelle: Birgit & Heinz Mehlhorn - "Zecken auf dem Vormarsch")